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Wer sich wissentlich betrügen lässt, ist selbst schuld

Paketflut aus Süd-Ost Asien führt angeblich zu Abgabenhinterziehung und Zollbetrug. Auch sollen die importierten Waren nicht den europäischen Produktrichtlinien entsprechen, oder auch Markenrechte verletzten. Wie gedenkt die Finanzaufsicht diesem Treiben entgegenzuwirken und damit wieder Wettbewerbsneutralität herzustellen?

Was kann der österr. Zoll tun?

Die österreichische Aufsichtbehörde steht vor der Herausforderung, dass der überwiegende Teil der Importsendungen gar nicht in Österreich verzollt wird. Importiert wird die Masse der Sendungen als Warensendungen mit geringem Wert über andere EU-Staaten, wie etwa Be-Ne-Lux oder Ungarn.

Die Warensendungen werden bereits verzollt (von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, nach dem IOSS System, als weil Warensendungen unter einem Warenwert von 150 EUR), und zu individuell vereinbarten Tarifen an die österreichischen Paketdienste übergeben. Derzeit vor allem Österreichische Post und DPD, zunehmend auch AMAZON.

Es gibt, wohl auch teilweise zu Recht, daran Kritik, da der Zoll in Be-Ne-Lux mit der gesamteuropäischen Einfuhrverzollung überfordert zu sein scheint. Die Herausforderungen (Abgabenhinterziehung wegen missbräuchlicher IOSS MwSt. ID Nummer Nutzung, fehlerhafter Deklarationen, Produktfälschungen, mangelnder Zertifikate, etc.) können bei dem extrem hohen Warensendungsaufkommen täglich aus Süd-Ost Asien, wenn überhaupt nur mangelhaft gelöst werden. Das liegt wohl an mangelnden Ressourcen, insbesondere aber an den digitalen Rahmenbedingungen. Der Datenzugriff auf die vorab, den Fiskalbehörden im EU-Mitgliedsstaat, in dem der Abgabenpflichtige registriert ist, elektronisch zu übersenden Einfuhrdokumente funktioniert nicht. Trotz Abmahnungen und Aufforderungen zwischen den Fiskalbehörden, die notwendigen Daten für eine rechtskonforme Zollprüfung und Risikomanagement zugänglich zu machen, scheint es am politischen Willen zu mangeln.

Hat der österr. Zoll wirklich nichts mit Sendungen aus Drittstaaten zu tun?

Der Großteil der Warensendungen aus Fernost geht derzeit am österreichischen Zoll vorbei. Sie werden von der zuständigen Aufsichtsbehörde in Österreich nicht beachtet. Es wird auf Brüssel und die großen Import-Länder (Be-Ne-Lux) gezeigt. Behauptet wird: „Österreich hätte keine Möglichkeit, hier aktiv zu werden“.

Fiskalpolizeiliche Maßnahmen werden nicht genutzt

Es gibt Behörden (Zollamt etc.), die in Österreich jederzeit mobile Kontrollen durchführen könnten, mit dem Fokus Betrugsbekämpfung.[1] Auch sind die Zugangsorte der potenziell überprüfungswürdigen Warensendungen nach Österreich bekannt -> (Übergabe- und Verteilzentren der großen Logistiker). Damit könnten alle Importpaketsendungen nach Österreich, unabhängig von einer Verzollung in Österreich, ohne wesentlich erhöhten Aufwand überprüft werden.

Mangelnden Ressourcen? Technische Lösungen und Automaten gibt es

Natürlich müssten diese Überprüfungen automatisiert/digital unterstützt werden. Manuelle Stichproben (sind zwar besser als keine Kontrollen, aber höchst ineffizient) wären aufgrund der Masse ineffizient und nicht zielführend.

In der EU gibt es digitale und technische Lösungen, die das ermöglichen. Das Argument des Zolls: „Keine Ressourcen, keine Daten, keinen Zugang“, ist wohl eine Schutzbehauptung.

Aktive Fiskalpolizeiliche Aufsicht: Schutz des Handels vor wettbewerbswidrigen Praktiken

Der Zoll möge laufende, flächendeckende Schwerpunktkontrollen an den Eingangspunkten für chinesische Warensendungen nach Österreich, die nicht in Österreich verzollt werden, durchzuführen. Allein „mit dem Finger ins EU-Ausland zu zeigen“, ist zu wenig. Besser ist es, die bestehenden Werkzeuge des Zolls zu nutzen und „aktiv zu werden und die Themen Abgabenhinterziehung, Produktfälschung und Sicherheitsprobleme auf Grundlage der bestehenden Möglichkeiten entschlossen anzugehen“. 

Naturgemäß benötigt der Zoll hier ergänzende Ressourcen und vor allem technische / digitale Lösungen (mit nur mehr Zöllnern, die manuell kontrollieren, ist das definitiv nicht zu lösen).

Was hier für Österreich beschrieben wurde, gilt auch in ähnlicher Form für Deutschland. Hier sieht das Bild aktuell vergleichbar aus.

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[1] https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2022/11_12/15_finanzverwaltung.pdf

Quelle: LOGISTIK express Journal 3/2024 – Handel & Distanzhandel

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