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Galileo soll den Verteilerverkehr intelligenter machen

Ein großes Potenzial im Bereich der Logistikforschung liegt in der Verknüpfung der klassischen KULT-Funktionen (Kommissionieren, Umschlagen, Lagern, Transportieren) mit intelligenten Lösungen zur Ortung, Identifikation und Zustandserkennung. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet bilden einen zentralen Schwerpunkt der Arbeit im Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt. Forscher verfolgen dort das Ziel, den Transport- und Logistikprozessen von morgen mehr Intelligenz einzuhauchen. Forschungsobjekt ist zum Beispiel der innenstädtische Verteilerverkehr.  

Lange Zeit war es still um Galileo. Als die russische Trägerrakete Sojus am 21. Oktober vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana  ins All abhob, war das europäische Satellitennavigationsprojekt plötzlich aber wieder in aller Munde. Der Grund: Mit der Sojus-Rakete sind gleichzeitig auch die ersten beiden Satelliten des EU-Navigationssystems Galileo in die Erdumlaufbahn verfrachtet worden. Natalia und Thijs sind die ersten von insgesamt 30 Satelliten, die zum künftigen Galileo-System gehören. Bis zum Jahr 2014 sollen 18 von insgesamt 30 geplanten Galileo-Satelliten die Erdkugel umkreisen. Das fünf Milliarden Euro schwere Navigationssystem wird ab Mitte des Jahrzehnts von der Testphase in den regulären Betrieb übergehen.

 

Die Milliarden-Investitionen in das neue, satellitengestützte Navigationssystem sind nicht unumstritten. Kritiker behaupten, Galileo sei lediglich ein europäisches Prestigeprojekt, eine Pendant zu dem seit Jahrzehnten bereits existierenden US-Satellitennavigationssystem GPS (Global Positioning System). Doch die EU weist diese Vorwürfe entschieden zurück – betont immer wieder, Galileo solle noch exakter arbeiten als die bislang existierenden Lösungen für die Satellitennavigation. Es solle Autofahrern künftig noch genauer den Weg weisen, Piloten punktgenau beim Landeanflug unterstützen oder Logistikern noch nützlichere Informationen über Container, einzelne Packstücke oder Waren übermitteln. 

 

Kombination aus Logistikinnovationen und terrestrischer Ortung

Die Schnittstelle zwischen den Methoden zur satellitengestützten Ortung und der Logistikforschung bildet ein Stab an Wissenschaftlern  in Magdeburg und Halle. In dem im Jahre 2010 neu eingerichteten Galileo Testfeld Sachsen-Anhalt geht es darum, Innovationen im Verkehrs-, Mobilitäts- und Logistiksektor hervorzubringen und diese mit den Potenzialen des europäischen Satellitennavigationssystems sowie weiterer satellitengestützter und terrestrischer Ortungs-, Navigations- und Kommunikationssysteme zu kombinieren. Anwendungsbereiche wie die Binnenhafenlogistik, die Flughafenlogistik oder die innerbetriebliche Lagerlogistik bilden hier den Fokus. Eine besondere Aufmerksamkeit erhalten zurzeit aber die innerstädtischen Verteilerverkehre. „Sicher ist, dass sich die Innenstadtlogistik weiterentwickeln muss, wenn sie heutigen, erst recht aber zukünftigen Anforderungen gerecht werden will“, begründet der renommierte Wissenschaftler Prof. Michael Schenk, Institutsleiter des Magdeburger Fraunhofer-Institutes für Fabrikbetrieb und –automatisierung, das Engagement in diese Richtung. Ziel der Forschung sei es, eine größere Effizienz, mehr Transparenz, mehr Sicherheit, aber auch weniger Lärm- und Abgasemissionen zu erreichen.

 

Die Ware bringt ihre Energie selber mit 

Zu diesem Zweck haben die Magdeburger Forscher unlängst ein Konzeptfahrzeug für den innerstädtischen Warenverkehr entwickelt, das mit einem Mix aus mehreren Technologien ausgestattet ist und dadurch zugleich auch mehrere Probleme auf einmal löst. „Der zehn Kubikmeter große Wechselbehälter des Fahrzeuges dient dabei nicht nur allein als Ladehilfsmittel, sondern zugleich auch als wechselbarer Energiespeicher für den elektromobilen Fahrzeugantrieb“, erklärt der Magdeburger Forscher. Über eine Vielzahl modular integrierter Sensortechnologien ermögliche das System, die Logistikkette darüber hinaus vollständig zu überwachen – unabhängig davon, ob sich der Wechselbehälter auf einem Fahrzeug befindet oder beim Endkunden in der City als autonomes Pufferlager verwendet wird. 

 

Laut Schenk bringt der Technologiemix, der in wenigen Wochen beim Magdeburger Flitzer erstmals getestet werden wird, nicht nur einen Nutzen für die Umwelt, sondern auch ein deutliches Einsparpotenzial. „Um die Wechselbehälter auf die Kleintransporter umzuladen, braucht es künftig keine großen Flächen mehr“, betont der Wissenschaftler. Das Aufladen der Batterien oder der Austausch von Wechselbehältern sei selbst in engen und verkehrsreichen Innenstadtlagen problemlos möglich.  (WAL)

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